DR. MED. SCHAHIN ALIANI
Kinder- und Jugendarzt in Saarlouis. Er führt zusätzlich weitere Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen.
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Das Thema Cybermobbing wird leider viel zu oft verharmlost, obwohl immer mehr Kinder und Jugendliche davon betroffen sind. Die Folgen sind teilweise drastisch, bis hin zum Selbstmord. Man geht davon aus, dass mindestens ein Viertel aller Schüler schon einmal Opfer von Cybermobbing-Attacken waren. Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Schahin Aliani erzählt Ihnen, worauf Sie achten sollten.
Das Wort Mobbing stammt von dem Englischen to mob, was belästigen oder anpöbeln bedeutet. Unter Mobbing versteht man ganz allgemein ungerechtfertigte, aggressive Handlungen einer oder mehrerer Personen gegenüber einer anderen mit dem Ziel, diese zu verletzen oder zu bedrohen. Findet dies mithilfe digitaler Medien statt, so spricht man von Cybermobbing. Soziale Medien wie Facebook oder Instant-Messaging-Dienste, wie zum Beispiel Snapchat, bieten hier entsprechende Plattformen.
Es gibt zahlreiche Varianten des Cybermobbing: cyber harassment (Belästigung), cyber hacking (Datenmissbrauch), cyber stalking, sexting (Versenden von Nachrichten mit eindeutigen Angeboten). Eine große Rolle spielt auch revenge pornography, das ist das Weiterleiten von Nacktfotos und Videos, die jemand vertraulich erhalten hat. Hiervon sind vor allem Mädchen betroffen und werden nicht selten mit solchen Fotos oder Videos erpresst.
Kinder- und Jugendärzte sind häufig die ersten Anlaufstationen für Probleme, die durch Cybermobbing verursacht werden. Insofern haben Kinder- und Jugendärzte (neben anderen Berufsgruppen) besonders viele Kenntnisse und Erfahrungen über dieses neue Phänomen erworben. Oft stellen Eltern ihre Kinder mit diffusen, wechselnden Symptomen vor. Dies sind zum Beispiel häufige Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Unwohlsein, ohne dass eine körperliche Ursache dafür vorliegt. Auch seelische Probleme wie Traurigkeit, Schulunlust, übertriebene Ängstlichkeit oder sogar Aggressivität gegenüber Familienmitgliedern sind Beschwerden, deren Ursache im Cybermobbing liegen können. Die Kunst ist es, Cybermobbing als eigentliche Ursache zu erkennen und nicht an körperlichen Symptomen zu arbeiten, die nicht ursächlich für das Problem sind. Hier gilt es auch Überzeugungsarbeit bei den Eltern zu leisten. Oft fordern diese nämlich weitere, teilweise auch invasive Untersuchungen, um endlich eine körperliche Ursache zu finden.
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Über die Folgen des Mobbings für die Angegriffenen ist sehr viel publiziert worden. Um das Phänomen richtig zu verstehen, muss man auch die Ursachen sehen, die ein Kind oder einen Jugendlichen zu einem Täter machen. In erster Linie sind hier Schulschwierigkeiten zu nennen, weiterhin Verhaltensauffälligkeiten sowie Probleme der Eltern-Kind-Beziehung. Es scheint sich zu bestätigen, dass Angreifer, die eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung aufweisen, häufig aus Familien mit überprotektiven Eltern beziehungsweise Müttern kommen. Diesen Kindern wird alles „abgenommen“, somit erwerben sie auch deutlich weniger Frustrationstoleranz, das heißt sie lernen nicht, mit Frust altersentsprechend umzugehen. Solche Kinder entwickeln sich nicht richtig, sondern bleiben im Rahmen ihrer Frustrationsverarbeitung auf Kleinkindniveau.
Selbst die schweigende Mehrheit beziehungsweise die Mitläufer weisen eine hohe Stressbelastung auf, die mit der des Angegriffen oder des Angreifers vergleichbar ist. Auch sie müssen mit langfristigen Folgen für ihre Psyche rechnen.
Genau wie im schulischen Umfeld werden auch in den sozialen Medien eher Jungen als Mädchen zu Tätern, wobei sich dies altersabhängig verschiebt. Jungen sind eher im frühen Jugendlichenalter und Mädchen eher im späteren Jugendlichenalter die Täter.
Erfahren Eltern davon, dass ihr Kind Angreifer ist, sollten bei ihnen alle Alarmglocken schrillen. Wie bereits erwähnt, kann dies für den Angreifer der Beginn einer Abwärtsspirale auf die schiefe Bahn bedeuten. Für die Opfer und deren Eltern gilt: wer schweigt, verliert.
Weitere Tipps und Hilfestellungen zur Prävention und im Umgang mit Cybermobbing finden Sie auf klicksafe.de, der EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz.
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Das Risiko angegriffen zu werden, steigt mit dem Ausmaß der Online-Beschäftigung. Aus dieser lapidaren Erkenntnis lässt sich eine ganz konkrete Empfehlung für Eltern ableiten: Reduzierte Online-Stunden helfen Ihrem Kind, kein Opfer zu werden.
Das Argument der Ewiggestrigen, dass früher auch gehänselt wurde, greift heute nicht mehr. Der Angreifer hat nicht wie früher auf dem Pausenhof nur ein sehr begrenztes Publikum, sondern lässt die ganze Welt an seiner Attacke teilhaben. Dies sind völlig andere Dimensionen und erfordert von den Opfern sehr viel Konsequenz und klare Gegenwehr.
Auf keinen Fall sollte man als Opfer den persönlichen Kontakt mit den Eltern der Angreifer suchen, um hier um Einsicht und Verständnis zu werben. Dies wird meist zum Misserfolg führen. Man muss umgehend höhere Instanzen, wie Internet-Provider oder Polizei informieren, gegebenenfalls auch sofort einen Anwalt einschalten, um unmissverständlich klarzumachen, dass dies kein Kavaliersdelikt ist.
Zum Schluss: Wenn Sie erfahren, dass Ihr Kind Opfer oder Täter von Cybermobbing ist, handeln Sie schnell und konsequent. Holen Sie sich professionelle Hilfe. Ansprechpartner gibt es an vielen Schulen und bei den Landesmedienanstalten.
DR. MED. SCHAHIN ALIANI
Kinder- und Jugendarzt in Saarlouis. Er führt zusätzlich weitere Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen: Kinder Onkologie/Hämatologie, Naturheilverfahren, Ernährungsmedizin, sowie das Akupunktur A Diplom, psychosomatische Grundversorgung, Asthmatrainer
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