Dr. Benedikt Brixius
Niedergelassener Kinder- und Jugendarzt in Homburg und Pressesprecher des Berufsverbandes der saarländisches Kinder- und Jugendärzte.
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Welche Milch brauchen Babys im ersten Lebensjahr? Ab wann können sie Brei essen? Was gehört alles auf den Speiseplan? Diese und weitere Fragen rund um die Ernährung vor dem 1. Geburtstag erläutert Kinderarzt Dr. Benedikt Brixius.
Mütter sollten sich gesund ernähren, genug trinken (mindestens 1,5 Liter) und Jodsalz verwenden, ansonsten ist keine spezielle Diät notwendig. Regelmäßiger Genuss von Fisch hat sich als vorteilhaft herausgestellt. Eine rein vegane Ernährung ist dagegen gefährlich, da die Kinder dadurch unter anderem zu wenig Vitamin B12 bekommen und sich dieser Mangel auf die neurologische Entwicklung negativ auswirken kann. Die Mutter müsste in diesem Fall die fehlenden Vitamine und Spurenelemente z. B. in Tablettenform einnehmen und sich über Blutkontrollen die ausreichende Höhe bestätigen lassen, was teuer (keine Kassenleistung) und aufwendig ist. Ich sehe hier vor allem auch eine unnötige Belastung des Kindes, denn jede Blutentnahme, die im Säuglingsalter bei den feinen Venen nicht immer einfach ist, ist ein unangenehmer Schmerzreiz. Eine vegetarische Ernährung der Mutter muss ausreichend pflanzliches Eisen enthalten.
Die Anfangsmilch ist die Pre-Milch. Folgemilche sind dann die I-er, II-er und Kindermilch. Die beiden letzteren sind in der Regel nicht nötig. Die Pre-Milch kann im ganzen ersten Lebensjahr (erst Voll-, dann Teilernährung mit den Breien) verwendet werden. Sie ist der Konsistenz der Muttermilch am ähnlichsten. Auf eine I-er Nahrung wird nur umgestellt, wenn das Baby offensichtlich kein langes Sättigungsgefühl hat (regelmäßig weniger als zwei Stunden zwischen den Milchmahlzeiten). Die I-er Nahrung ist konsistenter und hat zusätzliche Kohlenhydrate, allerdings erhöht sich auch die Verstopfungsgefahr.
Die Pre-Milch steht auch hypoallergen (Pre-HA-Milch) zur Verfügung. Diese sollte im ersten Lebenshalbjahr gewählt werden, wenn ein Elternteil aus dem Formenkreis Allergien, Asthma oder Neurodermitis erkrankt ist. Hypoallergene Milch scheint vorteilhaft für diese Kinder bezüglich der Entwicklung oder Ausprägung einer Allergie zu sein. Mit Einführung der Breikost kann dann auf eine normale Säuglingsmilchnahrung umgestellt werden.
Sollte sich bei dem Säugling eine Kuhmilchallergie herausstellen, so stehen hochhydrolysierte bzw. auf Aminosäurebasis aufbauende Milche zur Verfügung. Bei sehr seltenen Stoffwechselerkrankungen kann auch eine besondere Spezialmilch notwendig sein. Frühgeborene bekommen anfangs auch eine spezielle „Frühchenmilch“, wenn Muttermilch nicht zur Verfügung steht.
Brei | Beschreibung |
1. Brei: Gemüse-Kartoffel-Fleisch/Fisch-Brei gegen Mittag | Start löffelweise mit rundkantigem Plastiklöffel. Als erstes Gemüse z. B. Frühkarotten, Kürbis oder Pastinaken. Zugesetzt wird ein Esslöffel raffiniertes Rapsöl, damit die fettlöslichen Vitamine (ADEK) im Darm überhaupt aufgenommen werden können. Bei guter Verträglichkeit kommt dann als Kohlenhydrat Kartoffel (möglich auch Reis oder Nudeln) hinzu. Schließlich wird Fleisch bzw. Fisch zugesetzt. Dies sollte drei- bis fünfmal pro Woche sein. Als Fleisch wird mageres, gekochtes, püriertes Biofleisch empfohlen, angereichert mit etwas Obstsaft, damit durch das Vitamin C die Eisenaufnahme möglichst optimal erfolgt. Eisen ist ein sehr wichtiger Bestandteil der roten Blutkörperchen, damit Sauerstoff zum Transport zu den Zellen gebunden werden kann. |
2. Brei: Vollmilch-Getreide-Brei abends | Wünschenswert ist ein Vollkorn-Getreidebrei ohne Zuckerzusatz. Als Getreide eignen sich Hafer-, Dinkel- oder Weizenflocken. Als Milch kann gerne abgepumpte Muttermilch verwendet werden. Möglich sind auch Pulvermilch oder sogar bis zu 200 ml 3,5 % Bio-Kuhmilch aus dem Kühlregal (keine H-Milch!). Auch hier sollte ein passender Plastiklöffel verwendet werden. Die Breiflasche ist für das Kind zwar praktisch, aber ein gestilltes Kind sollte erst gar nicht an eine Flasche gewöhnt werden. Außerdem fördert die Verwendung des Löffels die Mundmotorik und hat damit sogar einen positiven Einfluss auf die Sprachentwicklung. |
3. Brei: Getreide-Obst-Brei am Nachmittag | Auch hier sollte Vollkorn als Getreide verwendet werden. Abwechslung bei der Auswahl des Obstes macht den Brei interessanter, z. B. Apfel, Birne, Pfirsich, Aprikose und Banane, aber eher nur eine Obstsorte verwenden, kein „Obstsalat“. Auch hier Rapsöl zusetzen. |
Manche Babys sind ganz wild auf die Breie und ersetzen schon nach zwei bis drei Wochen eine Milchmahlzeit, manche brauchen dafür fünf bis sechs Wochen. Das ist jedem Kind überlassen. Grundsätzlich sollte das Kind nicht zum Essen gezwungen werden. Es zeigt meistens sehr deutlich, wann es satt ist (Kopf wegdrehen, nur noch mit Brei spielen etc.). Ein gesundes Kind verhungert nicht vor vollen Töpfen!
Zum Brei kann Wasser oder Tee angeboten werden. Auch hier zeigt das Baby, ob es überhaupt Durst hat, und sollte nicht gedrängt werden. Die Breie beinhalten per se natürlich recht viel Flüssigkeit.
Sind alle Breie erfolgreich eingeführt, darf das Baby zunehmend am Tisch mitessen, was oft gegen Ende des ersten Lebensjahres der Fall ist. Aber Vorsicht: nur wenig Salz verwenden (zu viel Salz ist auch für uns Erwachsene nicht gesund) und nicht zu scharf würzen (hier kann jeder sich selbst nachwürzen). Manche Kinder tun sich auch noch mit dem Schlucken größerer Stücke schwer. Hier muss das Essen länger püriert werden, damit das Kind sich nicht verschluckt!
Es gibt Kinder, die Breie nicht besonders mögen, aber früh am Tisch mitessen möchten. Bei diesen ist wohl das Geschmacksempfinden schon sehr früh ausgebildet (bei Geburt schmeckt ein Baby nur süß). Wenn die Menge ausreichend ist und alle notwendigen Nahrungsbestandteile gegessen werden, ist nichts dagegen einzuwenden.
Empfehlungen für Sie:
Kostenlose Smartphone App „Baby und Essen“ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
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Literatur: Monatsschrift Kinderheilkunde, Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter, Koletzko et.al., 3/2013
Dr. Benedikt Brixius
Dr. Brixius ist niedergelassener Kinder- und Jugendarzt in Homburg. Seine Ausbildung zum Facharzt absolvierte er in der Kinderklinik Rüsselsheim und Universitätskinderklinik Homburg. Seit 2001 ist er in eigener Praxis niedergelassen. 2003 erfolgte eine Weiterbildung zum Arzt für Homöopathie. Dr. Brixius ist Pressesprecher des Berufsverbandes der saarländisches Kinder- und Jugendärzte.
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