Kindliche Entwicklung

Kindliche Entwicklung

Dr. Jürgen Hornung

Dr. Jürgen Hornung

Arzt für Kinder- und Jugendheilkunde mit Schwerpunkt Neonatologie und Nephrologie und Vertragsarzt für Frühförderambulanzen

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Förderung der kindlichen Entwicklung

Alle Eltern möchten, dass ihre Kinder gesund aufwachsen und sich bestmöglich entwickeln. Dr. med. Jürgen Hornung erläutert, wie dafür die besten Voraussetzungen geschaffen werden können.

Kinder benötigen eine fördernde und motivierende Umgebung, um durch ihre vorgegebene Neugier in verschiedenen Teilbereichen voranzukommen. Zu einer solchen Umgebung gehören zuallererst Menschen, die fördern und motivieren: Die Eltern, die Familie, mit zunehmendem Alter Freunde, Erzieher, Lehrer, Trainer usw.

Insbesondere für die frühkindliche Entwicklung ist die Bindung zu den Eltern in den ersten Monaten und Jahren – sogar schon vorgeburtlich – ausschlaggebend. Je stabiler diese emotionale Beziehung ist, umso größer wird die Offenheit des Kindes für Neues sein, und die Interaktion mit anderen Menschen gelingt leichter. Das ist wiederum Voraussetzung für das Erlernen von Fähigkeiten im Spiel und am Beispiel anderer Personen.

Famiele

Es kommt auf alle Sinne an

Oft sind Eltern unsicher in ihrem Erziehungsverhalten. Schließlich ist man – gerade beim ersten Kind – zwar auf die Versorgung der äußeren Bedürfnisse des Kindes vorbereitet, aber im Umgang mit den psychisch-emotionalen Bedürfnissen unseres Kindes sind wir als Eltern nicht ausgebildet.

In den frühen kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen U3 bis U6 wird daher versucht, den Eltern die Sicherheit zu vermitteln, mit ihrem Kind intuitiv und angemessen umzugehen. Entwicklungsfördernd sind bereits sehr einfache gemeinsame Aktivitäten wie Erzählen, Zeigen, optisches und akustisches Präsentieren sowie Berührungen wie Streicheln, Schmusen, Massieren bis zu einfachen Bewegungsspielen schon beim kleinen Säugling. Dabei werden idealerweise alle Sinne angesprochen, entsprechend den rasch zunehmenden Sinnesleistungen. So können Babys bis zum ersten Monat zunächst nur schwarz-weiß und auch nur im relativen Nahbereich unter einem Meter Abstand optische Eindrücke wie die Gesichter der Eltern erkennen, dann kommt aber sehr rasch das Farberkennen und die Fähigkeit zum Einstellen auf größere Entfernungen hinzu und das Einstellen der Blickrichtung, um Objekte fixieren und verfolgen zu können.

Im Kleinkindalter gilt es bei der spielerischen Beschäftigung alle nunmehr hochentwickelten Sinnesqualitäten einzusetzen. Insbesondere ist das gemeinsame Bilderbuchbetrachten von unschätzbarem Wert, der den konkurrierender Bildschirmangebote bei weitem übersteigt.

Auch gemeinsames Singen ist zu empfehlen, viele Kinder sind dabei begeistert, sich tanzend zu bewegen. Wichtig sind die Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung wie Spielplatzbesuch, gemeinsame Spaziergänge, kindgerechte sportliche Betätigungen bis hin zu Gruppenaktivitäten z. B. in Vereinen. Dabei sollte bei der Auswahl nicht der Wunsch der Eltern im Vordergrund stehen, sondern die den Fähigkeiten und Neigungen des Kindes am besten entsprechende Aktivität, um durch Erfolgserlebnisse zur Persönlichkeitsbildung beizutragen.

Ein Junge mit einer Erkältung im Bett

Auch Eltern können lernen

Wie schon erwähnt, sind wir als Eltern keine pädagogischen Profis. Das muss auch nicht sein, denn das elterliche Engagement ist durch keine sonstige Förderung zu ersetzen. Bei erzieherischen Problemen kann es aber auch sinnvoll sein, sich Rat bei einer Erziehungsberatungsstelle (für jeden zugänglich, meist angeboten von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden) zu suchen. Immer häufiger werden auch Elternkurse angeboten, die bei Interaktionsproblemen in den „Wetterecken“ der Entwicklung, z. B. bei verstärktem Trotzverhalten und Problemen mit Grenzsetzungen Hilfe bieten. Es gibt dazu etablierte Programme, wie z. B. Triple P (Positive parenting programm). Natürlich finden Sie auch in zahlreichen Büchern wertvolle Anregungen und Tipps, zum Beispiel „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn“.

Wie wird die altersgerechte Entwicklung beurteilt?

Meist wird die Entwicklung vor allem unter funktionellen Aspekten gesehen, die sich leichter erfassen und „messen“ lassen. Dazu wird in verschiedene Bereiche unterschieden:

  • motorische Entwicklung
  • kognitiv-perzeptive Entwicklung
  • Sprachentwicklung
  • Entwicklung des Sozialverhaltens
  • Außerdem werden oft noch die emotionale Entwicklung sowie Teilaspekte der vier Bereiche einzeln untersucht, z. B. sowohl Feinmotorik als auch Grobmotorik oder die rezeptive Sprache (Sprachverständnis) und die expressive Sprache (aktives Sprechvermögen).

    Dies findet für alle Kinder im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen statt, in Form von Beobachtung und Vergleich mit sogenannten Meilensteinen der Entwicklung. Außerdem werden Screenings (orientierende Tests und Fragebogentests), wie z. B. die Münchner Funktionelle Entwicklungsdiagnostik im 1.–3. Lebensjahr oder die Denver Entwicklungsskalen bei größeren Vorschulkindern eingesetzt. Weiterführende Testverfahren werden bei Auffälligkeiten eingesetzt, wie z. B. Bayley Scales, Kaufmann-ABC oder der ET 6-6 Entwicklungstest, in der Regel durch Entwicklungspsychologen oder Neuropädiater.

    Eine Mutter spilet mit ihrem Kleinkind

    Was tun, wenn eine Entwicklungsstörung vermutet wird?

    In Absprache mit Kinderarzt/ärztin ist die Verordnung sog. Heilmittel möglich. Das sind z. B. Krankengymnastik, Sprachheilbehandlung oder Ergotherapie. Diese Maßnahmen finden im Rahmen der kassenärztlichen Behandlung statt und der Kinderarzt/die Kinderärztin stellen dazu Rezepte aus.

    Bei größeren Auffälligkeiten in mehreren Bereichen oder einer drohenden oder manifesten Behinderung werden Frühförderambulanzen hinzugezogen, die im Vorschulalter durch pädagogische Frühförderung, evtl. in Kombination mit den o. g. Heilmitteln tätig werden können. Diese Maßnahmen werden nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches über den Sozialhaushalt beantragt.

    Sollte die Entwicklungsstörung ein Problem für die Eingliederung des Kindes in seine soziale Gruppe darstellen, bietet sich weiterhin die Möglichkeit zu sogenannten Integrationsmaßnahmen. Diese können im Kindergarten (abgekürzt „AFI- Maßnahme“) oder auch im Grundschulbereich eingesetzt werden.

    Insbesondere wenn der Schwerpunkt der Entwicklungsauffälligkeiten im sozial-emotionalen und psychischen Bereich liegt, werden (ärztliche) Kinder- und Jugendpsychiater oder (psychologische) Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten die Betreuung übernehmen. Fachübergreifend ärztlich/psychologisch stehen für Diagnostik und Behandlung die Sozialpädiatrischen Zentren (SPZs) zur Verfügung. Diese sind allerdings für einen größeren Bereich zuständig und daher nicht so dicht gesät. So gibt es im Saarland z. B. das Sozialpädiatrische Zentrum Neunkirchen-Kohlhof, in bevölkerungsreicheren Bundesländern entsprechend mehr, in Rheinland-Pfalz sind es insgesamt 8. SPZs.

    Sollte Ihr Kind Entwicklungsförderung benötigen, werden sich die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Fachleute bestmöglich um Ihr Kind bemühen. Um aber die bestgeeignete Maßnahme aus den skizzierten Möglichkeiten zu finden, hat Ihr Kinderarzt/Kinderärztin den besten Überblick und kann Sie umfassend beraten – entweder im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung oder auch bei einem dafür zu vereinbarenden Termin zur „Entwicklungsüberprüfung“.

    Unsere Gesundheitskooperation

    Dr. Jürgen Hornung

    Dr. Jürgen Hornung

    Dr. Jürgen Hornung ist Arzt für Kinder- und Jugendheilkunde und war bis 2019 in eigener Praxis niedergelassen. Seine Facharztweiterbildung absolvierte er in der Städtischen Kinderklinik Saarbrücken und in der Universitäts-Kinderklinik Marburg. Klinische Schwerpunkte sind Neonatologie und Nephrologie. Er ist ausgebildet in traditioneller chinesischer Akupunktur. Seit 2008 ist er als Vertragsarzt für Frühförderambulanzen tätig.

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    KVS und Globus Gesundheitskooperation

    Kassenärztliche Vereinigung Saarland

    Dieser Beitrag ist im Rahmen der Gesundheitskooperation zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und GLOBUS entstanden. Jeden Monat finden Sie als Weltentdecker unter der Rubrik "Gesundheit & Ernährung" einen aktuellen Beitrag von Fachärzten zu relevanten Themen rund um die Gesundheit Ihres Kindes.

    Weitere Gesundheitsinformationen finden Sie direkt bei der Kassenärztlichen Vereinigung.

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