DR. MED. HAGEN REICHERT
Kinder- und Jugendarzt in Homburg/Saar und Dozent für Pädiatrie an der Universität des Saarlandes.
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Haustiere sind wirklich etwas Tolles für Kinder: Sie können so viel Freude bereiten, so viel zur Reifung unserer Kinder im Sinne von sozialer Kompetenz und Übernahme von Verantwortung beitragen. Da ist es einfach nur notwendig und verantwortungsvoll, aus dieser sympathischen Perspektive heraus auch die Themen „Allergien“ und „übertragbare Erkrankungen“ zu diskutieren.
Wie kommt es nun zur allergischen Reaktion bei Kontakt mit einem Haustier-Allergen? Dies kann grundsätzlich über zwei Wege erfolgen: Entweder über den Kontakt mit der Haut oder durch das Einatmen des Allergens und den darauffolgenden Kontakt mit den Schleimhäuten der Atemwege.
Nach Kontakt mit einem Allergen kann es zu zwei recht verschiedenen Reaktionen kommen. Bei der Allergie vom „Soforttyp“ können schon innerhalb von Minuten spürbare allergische Reaktionen auftreten, wie Konjunktivitis (Bindehautreizung), Rhinitis (Reizung der Nasenschleimhäute mit Niesen und Laufnase), Lidödemen (Schwellungen der Augenlider), Quaddeln (juckende Schwellungen der Haut) und vor allem auch zu teils schweren Reaktionen der Atemwege wie dem akuten Asthmaanfall.
Bei der allergischen Reaktion vom „verzögerten Typ“ kann es sehr viel länger dauern, bis nach dem Allergenkontakt Symptome auftreten, mehrere Tage sind keine Seltenheit. Hier wäre die allergisch ausgelöste Neurodermitis (auch als „atopische Dermatitis“ bezeichnet) ein typisches Beispiel.
Bevor wir uns der Diagnostik und der Therapie dieser Allergien zuwenden, lassen Sie uns konkret auf einige der typischen Haustier-Allergien eingehen.
Ist der Kontakt zu einem Haustier unvermeidbar, reinigen oder waschen Sie die Kleidung anschließend. Hält ein Haustier sich ständig in Ihren Wohnräumen auf, reinigen Sie regelmäßig alle Polstermöbel, Vorhänge, Teppiche und Matratzen – und natürlich die Kleidung. So können Sie die Allergenbelastung möglichst geringhalten.
Wenn Ihre Kinder oder auch Sie selbst sehr allergieanfällig sind, müsste im härtesten Fall leider auf ein Haustier verzichtet werden.
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Die sicher gefährlichste Viruserkrankung, die vom Haustier auf den Menschen übertragen werden kann, ist die Tollwut (Erreger: Rabiesvirus). Kurz gesagt: Tollwut verläuft immer tödlich! Unsere Gegend gilt zwar als weitgehend tollwutfrei, es ist aber in jedem Fall sinnvoll, Hunde und Katzen gegen Tollwut impfen zu lassen. Bei auffälligem Verhalten eines Tieres sollte man immer wachsam sein und im Zweifel den Tierarzt heranziehen. Absolutes Tabu ist das Berühren aufgefundener Fledermäuse, die bei uns die einzig nennenswerte Quelle der Tollwut darstellen.
Weitere durch Haustiere übertragene Viruserkrankungen sind die Katzenpocken, eine mit schlecht heilenden Wunden und Lymphknotenentzündungen einhergehende Erkrankung (Erreger: Kuhpockenvirus) und die Lymphozytäre Choriomeningitis (Erreger: LCM-Virus), die durch Nagetiere wie Hamster und Mäuse übertragen wird. Diese Erkrankung kann sowohl Symptome einer Grippe als auch einer Hirnhautentzündung hervorrufen, bei Schwangeren kann sie leider auch zu Schädigungen des ungeborenen Kindes und zu Fehlgeburten führen.
Von Haustieren übertragene Pilze haben viele Leute nicht auf dem Schirm. Dennoch können Haustiere sehr hartnäckige und nicht immer einfach zu behandelnde Pilzerkrankungen der Haut übertragen. An erster Stelle ist hier die Tinea zu nennen, die durch die Pilzgattungen Trichophyton, Microsporum und Epidermophyton hervorgerufen wird. Es kommt zu ekzemartigen Hautentzündungen, die sich kreisförmig ausbreiten und im betroffenen Areal zu Haarausfall führen. Bei einer derartigen Symptomatik konsultieren Sie bitte sofort die kinderärztlichen Kolleginnen und Kollegen, die gegebenenfalls auch an Fachärzte für Dermatologie weiterverweisen werden.
Bei den bakteriellen Erkrankungen wird die Palette schon wesentlich größer als bei den Viruserkrankungen. Beginnen wir mit der Katzenkratzkrankheit (Erreger: Bartonella henselae). Ungeachtet des Namens kann diese Erkrankung durch Katzen, Hunde, Nagetiere und Kaninchen übertragen werden. In der Regel kommt es zu einer schlecht heilenden, geschwürartigen Wunde und einem Anschwellen der lokalen Lymphknoten, nur sehr selten zu schwerwiegenderen Symptomen.
Oft unterschätzt wird das Risiko, sich bei Haustieren eine Salmonellose zu holen (Erreger: Salmonellen, wie Salmonella enteritidis oder Salmonella typhimurium). Prinzipiell können Salmonellen in den Kotausscheidungen aller Haustiere vorkommen, an erster Stelle sind hier aber Reptilien und Nagetiere zu nennen. Krankheitssymptome sind Durchfallerkrankungen mit zum Teil schweren Verläufen (Exsikkose = „Austrocknung“ und Sepsis = „Blutvergiftung“).
Auch Vögel und Fische übertragen Krankheiten. Die Piepmätze können die Ornithose, auch Psittakose genannt, übertragen (Erreger: Chlamydia psittaci). Die Palette der Symptomatik reicht von leichten, grippeähnlichen Verläufen bis hin zu schwersten Erkrankungen mit Fieber und Lungenentzündung,
Selbst Fische, die wir eigentlich nicht als Krankheitsüberträger auf dem Schirm haben, können eine bakterielle Krankheit übertragen: die Fischtuberkulose (Erreger: Mycobacterium marinum und Mycobacterium fortuitum). Es kommt zu schlecht heilenden Hautgeschwüren, die selten sogar chirurgisch saniert werden müssen.
Wenn wir von „parasitären Zoonosen“ reden, also von Parasitenerkrankungen, die durch Haustiere auf den Menschen übertragen werden, meinen wir in der Regel Infektionen durch Einzeller und Würmer. Die Palette dieser Erkrankungen ist erstaunlich groß und ich möchte einige der wichtigsten herausgreifen
Beginnen wir mit der Echinokokkose (Erreger: Echinococcus multilocularis = Fuchsbandwurm und Echinococcus granulosus = Hundebandwurm). Eigentlich denken wir bei der Echinokokkose immer an den Verzehr von Pilzen oder Beeren aus dem Wald, die mit Fuchskot verunreinigt sind. Aber auch Hunde und Katzen können über ihren Kot diesen sehr gefährlichen Erreger verbreiten, der beim Menschen zu Zysten und tumorartigen Wucherungen an den inneren Organen und selten auch zu schweren allergischen Reaktionen führen kann. Eine äußerst ernst zu nehmende Erkrankung!
Die Giardiose (auch: „Giardiasis“, „Lambliasis“, Erreger: Giardia lamblia, ein Einzeller) ist eine von Hunden und Katzen übertragene Erkrankung, die zwar symptomlos verlaufen, aber auch zu wässrigen Durchfällen und krampfartigen Bauchschmerzen führen kann. Schon oft habe ich in meiner Praxis diesen Erreger als Ursache lang anhaltender und äußerst unangenehmer Bauchschmerzen diagnostiziert.
Haustiere sind prinzipiell eine tolle Sache für Kinder und Familien. Aber es sind keine Spielsachen wie Bausteine oder Plüschtiere. Die Haltung dieser Tiere und der Umgang mit ihnen erfordern Sachverstand und Verantwortung, die tierärztlichen Kolleginnen und Kollegen und wir Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin sollten immer mit im Boot sein.
P.S.: Wussten Sie eigentlich, dass auch unsere geliebten Haustiere an Allergien erkranken können? Allergien sind bei Haustieren recht häufig! Sie werden zum Beispiel durch Hausstaubmilben oder Pollen ausgelöst. Beim Hund ist das mit starkem Juckreiz verbundene allergische Ekzem die häufigste aller auftretenden Allergien.
DR. MED. HAGEN REICHERT
Dr. Reichert ist Arzt für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Kinderkardiologie in Homburg/Saar und Dozent für Pädiatrie an der Universität des Saarlandes. Nach langjähriger Tätigkeit in der Giftnotrufzentrale des UKS Homburg war er 12 Jahre lang Obmann der Notdienstpraxis für Kinder und Jugendliche in Homburg. Er besitzt die Fachkunde „Arzt im Rettungsdienst“ und ist neben seiner Praxistätigkeit regelmäßig als Vertragsarzt für das Regional Health Command der United States Army in Landstuhl und als Reservearzt im Rang eines Oberfeldarztes im Sanitätsdienst der Bundeswehr tätig.
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