Kita im Winter

Kita im Winter

DR. FRANCA GATTO-COLLURA

DR. FRANCA GATTO-COLLURA

Kinder- und Jugendärztin in Wadgassen. Sie führt zusätzlich weitere Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen.

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Der Winter in der Kita

Gestärkt durch die Erkältungszeit

Kaum ist das Kind in der Kita eingewöhnt, steht der Winter vor der Tür – und mit ihm die Erkältungszeit. Da kann es schnell passieren, dass die Kleinen gefühlt ständig krank sind. Warum ist das so? Und können Eltern etwas dagegen tun? Kinderärztin Dr. Franca Gatto-Collura klärt auf.

Mutter mit 2 kranken Kindern

Welchen Eltern kommen Sätze und Fragen wie diese nicht bekannt vor: „Seitdem mein Kind die Kita besucht, ist es ständig krank! Von einem Infekt rutscht es in den nächsten. Ständig läuft die Nase und der Husten wird auch nach Wochen nicht besser. Warum wird es gar nicht mehr gesund? Mein Kind hat bestimmt eine Immunschwäche! Was kann ich denn tun, um das Immunsystem meines Kindes zu stärken?“ Diese Sorgen beschäftigen viele Eltern. Die Frage ist, muss man denn wirklich was tun? Wann muss man ernsthaft an eine Immunschwäche denken? Wie viele Infekte sind normal? Im folgenden Beitrag werde ich versuchen, Ihnen einen kleinen Einblick in das Infektgeschehen zu geben. Ich hoffe, Ihnen dadurch die eine oder andere Sorge nehmen zu können.

Was ist eigentlich ein Immunsystem?

Jeder Mensch verfügt über ein Immunsystem, also ein körpereigenes Abwehrsystem, um Krankheitserreger, die sich überall in der Umwelt befinden, zu bekämpfen. Dieses Abwehrsystem ist bei Geburt noch nicht ausgereift und muss erst vom Körper aufgebaut werden. Daher verfügen wir in den ersten Lebenswochen und -monaten noch über einen sogenannten Nestschutz, eine Immunabwehr, die von der Mutter auf das Kind übertragen wird. Lässt dieser Nestschutz nach, muss der Körper schließlich selbst lernen, sich vor Krankheitserregern zu schützen. Es muss ein körpereigenes Abwehrsystem aufgebaut werden, um eingedrungene Krankheitserreger zu bekämpfen. Dieser Abwehrmechanismus besteht aus Abwehrzellen, einer Art Polizei, die versucht, eine Schutzmauer im Körper zu errichten. Dringen Krankheitserreger in den Körper, beginnt ein Kampf zwischen diesen Abwehrzellen und den Krankheitserregern. Die Art des Erregers bzw. der Aufbau ist den Abwehrzellen beim ersten Kontakt noch nicht bekannt. Daher dauert es eine Weile, bis sie herausgefunden haben, wie sie diese Erreger bekämpfen und anschließend festnehmen können.

Dieser Kampf äußert sich in einer Infektion mit den Krankheitszeichen Husten, Schnupfen, Magen-Darm-Infekte, manchmal sogar begleitet von Fieber. Die Abwehrzellen kämpfen so lange, bis es ihnen gelingt, die eingedrungenen Krankheitserreger „festzunehmen“ und somit die Infektion zu beenden. Dann speichern sie die Fingerabdrücke der Eindringlinge in einer Art Datenbank ab und bilden Antikörper dagegen. Bei erneutem Kontakt mit diesen Erregern werden diese anhand des Fingerabdrucks erkannt und können somit schneller durch die Antikörper bekämpft werden, bevor überhaupt ein richtiger Kampf, also eine Infektion, beginnt.

Da es jedoch zahlreiche unterschiedliche Krankheitserreger gibt, die versuchen, in den Körper einzudringen, sind die Abwehrzellen des Körpers ständig am Arbeiten. Sie müssen erst eine ausreichend große Datenbank mit Antikörpern bilden, um dann bei erneutem Kontakt einen ausreichenden Schutz gegen diese Erreger zu haben. Man ist dann immun gegen diese Erreger und erkrankt dann, wenn überhaupt, in abgeschwächter Form.

Ein Junge mit Fieber

Wie lange dauert ein Infekt?

Der Kampf zwischen Abwehrzellen und Krankheitserregern dauert ca. 10–12 Tage, weshalb Ihr Kind auch über diese ganze Zeit an Symptomen wie Husten oder Schnupfen leidet. Ist ein Krankheitserreger bekämpft, trifft meist schon der nächste Krankheitserreger auf den Körper und der Kampf beginnt von Neuem. Manchmal ist es dem Abwehrsystem auch noch gar nicht gelungen, die alten Eindringlinge festzunehmen, und schon treffen neue Erreger auf den Körper. Da die Abwehrzellen noch mit den alten Erregern beschäftigt sind, ist es für die neuen ein Leichtes, in den Körper einzudringen. Das ist auch der Grund, warum man den Eindruck hat, dass das Kind ständig krank ist und überhaupt nicht gesund wird.

Wenn Kinder also immer wieder unter Infekten leiden, heißt das nicht, dass ihr Immunsystem nicht gut arbeitet oder ein Immunmangel besteht. Ganz im Gegenteil: Infekte bedeuten, dass das Immunsystem auf Hochtouren läuft und gerade wieder versucht, Krankheitserreger zu bekämpfen. Infekte bei Kindern sind also ein Zeichen dafür, dass das Immunsystem gut funktioniert. Die Sorge, dass Kinder geschwächt sind, wenn sie ständig krank sind, ist demnach unbegründet. Häufige Infekte helfen Ihrem Kind, einen Schutz aufzubauen, und stärken Ihr Kind demnach eher.

Man kann die Reifung des Immunsystems auch mit dem Laufen lernen vergleichen. Keiner läuft von Anfang an sicher, ohne zu stürzen oder sich blaue Flecken zuzuziehen. Sind dann noch Hindernisse im Weg, wird das Laufen noch schwieriger.

Ein Junge beim Kinderarzt

Warum beginnt genau mit der Eingewöhnung in einer Gemeinschaftseinrichtung die Häufung der Infekte?

In Gemeinschaftseinrichtungen spielen mehrere Kinder auf engem, geschlossenem Raum zusammen. Die Hygienestandards der Erwachsenen kennen sie dabei noch nicht. Bei laufender Nase fassen sich die Kinder ins Gesicht und greifen dann nach einem Spielzeug. Das mit Erregern bedeckte Spielzeug gelangt in die Hände eines anderen Kindes. Diese Hände fassen das eigene Gesicht oder ein anderes Kind an. Das Spielzeug selbst wird ebenfalls mal in den Mund gesteckt, bevor es wieder zu einem anderen Kind wandert, das damit spielt. Eine Leichtigkeit für Krankheitserreger, sich unter den Kindern zu verbreiten. Der Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung bedeutet also nicht nur Kontakt zu anderen Kindern, sondern auch Kontakt zu Krankheitserregern, mit denen Ihr Kind vor der Kita-Zeit noch nicht in Berührung gekommen ist. Mangels Kontakt zu diesen Erregern konnte Ihr Kind vor der Kita-Zeit auch keine Antikörper dagegen aufbauen, sodass es bei Eintritt in eine Gemeinschaftseinrichtung gehäuft zu Infekten kommt.

Häufig gestellte Fragen von Eltern

Hier finden Sie eine Übersicht der häufigsten Fragen, die Eltern einem Kinderarzt stellen.

Leider gibt es so viele verschiedene Erreger, dass es Jahre dauern kann, bis der Körper eine ausreichende Immunität aufgebaut hat, um nicht ständig zu erkranken. Je älter die Kinder werden, desto mehr Antikörper hat der Körper gebildet und desto weniger Infekte haben sie. Das ist auch der Grund, warum Erwachsene nicht mehr so häufig erkranken, sie haben bereits eine ausreichende Immunität entwickelt.

Auf keinen Fall. Ein gesundes Abwehrsystem muss wachsen und reifen. Dafür muss es viel trainieren, also viele Infekte durchmachen und das geht natürlich nur, indem es Kontakt zu vielen verschiedenen Krankheitserregern hat. Wer viel trainiert, ist irgendwann fit. Irgendwann bedeutet ungefähr im Alter von 5–6 Jahren.

Viele Erreger können ihr Aussehen verändern, wodurch sie von den Abwehrzellen nicht mehr erkannt werden. Dadurch können sie auch immer wieder in den Körper eindringen, so z. B. Grippeviren.

Die meisten Infekte werden durch Viren und nicht durch Bakterien verursacht. Daher ist auch in den seltensten Fällen ein Antibiotikum notwendig. Antibiotika töten Bakterien, aber keine Viren.

Der viral bedingte Husten sollte möglichst nicht unterdrückt werden, da er ein Schutzmechanismus des Körpers ist. Das beste Hustenmittel ist viel trinken, da so der Schleim am besten verflüssigt wird. Auch das Anfeuchten der Raumluft kann hilfreich sein, da Viren trockene Luft bevorzugen. Die Temperatur im Schlafraum sollte nicht zu hoch sein.

Wenn Kinder husten, greifen viele Eltern sofort zu Hustensäften, mit der Hoffnung, der Husten höre dadurch auf. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Studien, die diese Wirkung von Hustensäften belegt. Die beste Therapie des Hustens ist ganz einfach: Abwarten (bis zu 8 Wochen) und viel trinken.

Fieber selbst ist keine Erkrankung. Wenn Kinder fiebern, bedeutet das vielmehr, dass die Abwehrzellen arbeiten, der Körper also gut auf die Krankheitserreger reagiert. Das Fieber ist sozusagen eine Waffe der Abwehrzellen, denn bei hohen Körpertemperaturen können sich Viren und Bakterien nicht mehr so gut vermehren. Fieber ist also ein wichtiger natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers. Deshalb ist es auch sehr wichtig, dass das Fieber nicht sofort durch fiebersenkende Maßnahmen behandelt wird.

Kinder unter zwei Jahren machen in der Regel vier bis zehn Atemwegsinfektionen pro Jahr durch. Besuchen sie Gemeinschaftseinrichtungen, sind sogar bis zu 13 Infektionen pro Jahr normal. Auch Magen-Darm-Infektionen können bei Kindern dieser Altersgruppe mehrmals pro Jahr auftreten.

Bei Kindern, die älter als zwei Jahre sind, können durchschnittlich vier bis acht Atemwegsinfekte pro Jahr auftreten und bis zu zwei Magen-Darm-Infektionen.

Wann muss man an eine Immunschwäche denken?

1. Bei erhöhter Infektanfälligkeit:

  • zwei oder mehr Lungenentzündungen pro Jahr
  • zwei oder mehr Nasennebenhöhleninfektionen pro Jahr
  • acht oder mehr Ohrinfektionen pro Jahr
  • zwei oder mehr schwere innere Infektionen der Hirnhäute (Meningitis), der Knochen (Osteomyelitis) oder des gesamten Körpers (Sepsis)
  • 2. Bei ungewöhnlichen Erkrankungen:

  • bleibende Pilzinfektionen der Haut und Schleimhaut
  • Eiteransammlung tief unter der Haut oder in inneren Organen
  • hartnäckige Erkrankungen durch normalerweise hartnäckige Bakterien
  • geringes Wachstum und mangelhafte Gewichtszunahme beim Säugling
  • zwei oder mehr Monate Antibiotika-Einnahme ohne viel Erfolg
  • Hinweise auf einen primären Immundefekt in der Familie,
  • Impfkomplikationen bei Impfungen mit Lebendimpfstoffen
  • Kind mit Husten

    Wie erkenne ich, ob sich mein Kind mit dem Coronavirus infiziert hat?

    Anhand der Krankheitszeichen ist es schwierig, zwischen einer SARS-CoV-2-Infektion und einer Infektion durch andere Erreger zu unterscheiden.

    Sie sollten jedoch den Kinderarzt aufsuchen, wenn bei Ihrem Kind folgende Symptome bestehen:

  • Fieber und Husten seit mehr als 2 Tagen
  • anhaltende Bauchschmerzen mit oder ohne Durchfall und Erbrechen
  • reduzierter Allgemeinzustand
  • Kein Anlass zur Sorge besteht, wenn die folgende Situation vorliegt:

  • laufende oder verstopfte Nase mit oder ohne Husten
  • kein Fieber
  • guter Allgemeinzustand
  • Krankheitsdauer weniger als 3 Tage
  • Unsere Gesundheitskooperation

    DR. FRANCA GATTO-COLLURA

    DR. FRANCA GATTO-COLLURA

    Dr. Gatto-Collura ist Kinder- und Jugendärztin in Wadgassen mit den Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen Allergologin, Asthma- und Neurodermitistrainerin. Neben den Kindern in ihrer Praxis kümmert sie sich zu Hause noch um ihre eigenen zwei Kinder, im Alter von 4 und 6 Jahren.

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    KVS und Globus Gesundheitskooperation

    Kassenärztliche Vereinigung Saarland

    Dieser Beitrag ist im Rahmen der Gesundheitskooperation zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und GLOBUS entstanden. Jeden Monat finden Sie als Weltentdecker unter der Rubrik "Gesundheit & Ernährung" einen aktuellen Beitrag von Fachärzten zu relevanten Themen rund um die Gesundheit Ihres Kindes.

    Weitere Gesundheitsinformationen finden Sie direkt bei der Kassenärztlichen Vereinigung.

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