Lust auf Lernen

Ob im Berufs- oder Privatleben, ob bewusst oder beiläufig – wir lernen ein Leben lang. Und das ist auch gut so: Etwas Neues zu lernen hält den Geist fit, befriedigt die Neugier und öffnet Türen für unbekannte Wege. Dass Lernen nicht nur Pflicht ist, sondern sogar Freude machen kann, bleibt vielen Menschen verborgen. Doch damit ist jetzt Schluss: Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit Spaß bei der Sache bleiben.

Lernen mochte ich während meiner Schulzeit und auch im Studium nie. Selbst wenn ich ein Thema total interessant fand, fiel mir zielgerichtetes Büffeln für Prüfungen schwer. Auf den Punkt genau „abliefern“ zu müssen, empfand ich oft als Belastung – und das hat mich von vorneherein blockiert. Wenn ich mich hingegen zwanglos mit Dingen beschäftige, die mich interessieren und meine Neugier wecken, lerne ich umso leichter. Darin liegt auch schon die Antwort auf die Frage, wie wir eigentlich am besten lernen – nämlich aus eigener, intrinsischer Motivation und mit Begeisterung. Wesentliche Erfahrungen machen wir dann, wenn die emotionalen Bereiche unseres Gehirns aktiviert werden. Was Gefühle weckt, bedeutsam ist und neugierig macht, schafft tiefe Verknüpfungen in unserem Gedächtnis. Wir können Informationen dann leichter abspeichern und bei Bedarf wieder abrufen.

Um Gelerntes zu festigen, braucht es außerdem regelmäßige Übung. Je häufiger wir eine bestimmte Lernerfahrung machen, desto stabiler ist die Verknüpfung. Wissen, das nicht genutzt wird, verblasst schnell wieder. Übung macht bekanntlich den Meister. Außerdem hilft das Dranbleiben, um mit den Entwicklungen um uns herum Schritt zu halten. Denn Wissen und Fähigkeiten, die wir uns als Kinder und junge Erwachsene während unserer Ausbildung aneignen, genügen nicht mehr bis zur Rente. Technologien und Bedingungen verändern sich in unserer schnelllebigen Gesellschaft rasant und damit die Prozesse in der Arbeitswelt. Somit ist stetige Weiterbildung wichtiger denn je.

Illustration Bücherstapel

"Sobald jemand in einer Sache Meister geworden ist, sollte er in einer neuen Sache Schüler werden." Gerhart Hauptmann, 1862-1946

Halten Sie es mit Gerhart Hauptmann: Geben Sie sich nicht mit dem zufrieden, was Sie bereits gelernt haben, sondern werden Sie in einer neuen Sache Schüler. Es geht nicht nur darum, Notwendiges zu erlernen, sondern Begeisterung und Leidenschaft zu wecken. Im Folgenden haben wir interessante Fakten zusammengestellt, geben praktische Lerntipps und zeigen Ihnen, dass man selbst für ein Studium nie zu alt ist.

Senioren im Hörsaal

Nie zu spät für Neues

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr? Von wegen! mio hat zwei Menschen getroffen, deren Lernbereitschaft im Alter nur noch zugenommen hat. Um ihren Wissensdurst zu stillen, sind sie an die Uni zurückgekehrt.

Dieter Ertl

„Wenn ich bestimmte Dinge verstehen will, muss ich eben lernen.“

Nachdem ich 30 Jahre lang Lehrer an einer berufsbildenden Schule war, habe ich mich mit 60 entschlossen, in den Vorruhestand zu gehen. Ich wollte die Zeit, in der ich noch körperlich fit bin, aktiv für Neues nutzen. Ich habe schon immer nicht nur gern gelehrt, sondern auch gern gelernt, weil mich alles interessiert hat. So ist bei mir die eigentlich passive Phase nach dem Berufsleben eher aktiv und ich habe die vergangenen sechs Jahre für alle möglichen Seminare und Sprachkurse an der Uni und der Volkshochschule genutzt. Durch mein eigenes Studium der Philosophie, Geschichte und Germanistik interessiere ich mich vor allem für Sprachen, Archäologie und Weltreligionen, aber auch für andere wissenschaftliche Bereiche.

Im Gegensatz zu früher merke ich besonders bei den Fremdsprachen, dass mir beispielsweise das Vokabellernen schwerer fällt. Anderes finde ich leichter, besonders in meinen eigenen Fächern. Manches ergibt sich erst aus der Summe der Erfahrungen und dem Kontext. Und für mich ist klar: Um die Welt und die Menschen darin zu verstehen, muss man lernen.

Alles was man gut machen und verstehen möchte, muss man trainieren. Und je mehr man trainiert, desto agiler bleibt man im Kopf – das hoffe ich natürlich für mich, wenngleich es keine Garantie dafür gibt.

Dieter Ertl, 66 Jahre, hat bereits Fremdsprachenkurse für Englisch, Spanisch, Französisch, Griechisch und Arabisch besucht.

Michael Kiefer

„Für mich ist es ein richtiger Kick, etwas Neues zu erfahren und zu erleben.“

Bevor ich 2011 pensioniert wurde, habe ich 33 Jahre als Diplom-Ingenieur im Entwicklungszentrum eines Automobilherstellers gearbeitet. Mir war von Anfang an bewusst, dass ich nach dem Berufsleben nicht nur zu Hause auf der Couch sitzen möchte. Ich hatte eigentlich vor, in meiner Rente Latein zu lernen, und kam bei der Recherche zufällig auf das vielseitige Angebot von Studieren 50 Plus. Natürlich sind die regulären Seminare der Studenten intensiver und gehen mehr in die Tiefe. Bei unseren Kursen wollen wir uns jedoch einen Gesamtüberblick über das Thema verschaffen. Ein großer Interessenschwerpunkt von mir ist Astrophysik und alles, was mit unserem Universum zusammenhängt. Dazu besuche ich seit mehreren Semestern regelmäßig Veranstaltungen. Ich verstehe nicht immer alles, aber ich mache mir anschließend meine Gedanken darüber und durch meinen Studiengang kann ich mir viele technische und physikalische Zusammenhänge herleiten. Oft erinnere ich mich dabei an Dinge aus meinem Studium zurück, die ich jetzt vielleicht erst richtig verstanden habe. Ich habe das Gefühl, in jungen Jahren zwar Dinge schneller begriffen zu haben, über die ich heute vielleicht länger nachdenken muss. Aber das liegt eher daran, dass man jetzt mehr hinterfragt und nicht alles hinnimmt. Früher in der Schule hatte man Druck und ein Ziel vor Augen, heute treibt mich mein eigenes Interesse und der Austausch mit anderen an. Und natürlich erhoffe ich mir davon auch, geistig beweglich zu bleiben.“

Frau unterrichtet

Studieren 50 Plus der Universität Mainz richtet sich an Menschen, die sich im Anschluss an ihr aktives Berufsleben mit wissenschaftlichen Fragestellungen beschäftigen möchten. Das Studienprogramm ist auf die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe ausgerichtet und beinhaltet Seminare, Vorlesungen und Exkursionen.

Lerntypen

Lernen will gelernt sein: Welcher Lerntyp bin ich?

Die Psychologie unterscheidet in der Regel vier Lerntypen, die besagen, mit welcher Technik Wissen am besten abgespeichert wird. Dabei gilt: Kein Mensch entspricht einem isolierten Lerntyp. Meist handelt es sich um Mischformen. Und wer die entsprechenden Tipps in Kombination anwendet, erreicht auch den besten Lernerfolg.#

Online-Tests helfen bei der Selbsteinschätzung:

www.karrierebibel.de

www.kapiert.de

Auditiver Lerntyp

Wer beim Lesen die Lippen bewegt oder sich Gesprochenes gut behalten kann, könnte zu den auditiven Lerntypen gehören. Sie können Dinge am besten durchs Zuhören behalten und kommen daher auch mit dem klassischen Frontalunterricht gut zurecht. Auditive Lerntypen sollten Texte laut lesen, um sich den Inhalt besser einzuprägen. Auch Podcasts, Gespräche über den Schulstoff, Vorträge und Musik helfen, dass Inhalte besser abgespeichert werden.

Illustration Zuhören

Visueller Lerntyp

Der visuelle Lerntyp speichert Informationen am besten über Dinge, die er sieht, also Grafiken, Schaubilder, eigene Notizen, Fotos und Filme. Es kann helfen, den Stoff durch Bilder, Videos, Mindmaps, Karteikarten und farbige Stifte zu verinnerlichen.

Illustration schreiben

Motorischer Lerntyp

Das Prinzip „learning by doing“ trifft auf den haptischen oder motorischen Lerntyp zu. Sein Lernerfolg ist am größten, wenn er Inhalte mit den Händen anfassen und selbst aktiv werden kann, etwa bei Experimenten, Gruppenarbeiten und Rollenspielen. Es kann hilfreich sein, Dinge auszumessen oder nachzubauen, beim Lernen auf und abzulaufen und den Stoff mit Gesten zu unterstreichen.

Illustration Puzzlen

Kommunikativer Lerntyp

Für den kommunikativen Lerntyp sind das Sprechen und der Austausch mit anderen wichtig. Er lernt am besten, indem er in Gruppen erklärt, Fragen stellt und diskutiert. Quizrunden sind gut geeignet, um sich spielerisch mit Sachverhalten auseinanderzusetzen.

Illustration Gespräch

Tipps

Diese Tipps erleichtern das Sprachenlernen im Erwachsenenalter

  • Filme und Serien in der entsprechenden Sprache schauen, idealerweise mit Untertiteln in der zu erlernenden Sprache.
  • Viele Volkshochschulen bieten Sprachkurse an. Einfach Kurs in Ihrer Stadt suchen und loslernen: www.volkshochschule.de
  • Üben, üben, üben! Eine Sprache lernt man in der natürlichen Umgebung am besten. Also beim nächsten Kurztrip ruhig öfter den Kontakt mit Einheimischen suchen und im Restaurant auch mal etwas in der Landessprache bestellen.
  • Frau schaut Film mit Untertitel
    Eiffelturm

    Parlez-vous français?

    Scheinbar mühelos lernen Kleinkinder neben ihrer Muttersprache noch eine zweite Fremdsprache, während sich Erwachsene viel schwerer damit tun. Warum ist das so? Jeder Mensch wird mit der Fähigkeit geboren, jede Sprache lernen und sprechen zu können, denn unser Gehirn ist multilingual – es spezialisiert sich nur im Verlauf der Zeit auf die Muttersprache beziehungsweise die Sprachen, die es am häufigsten hört. Alle anderen Laute werden schließlich ignoriert. Ungefähr bis zum vierten Lebensjahr ist das kindliche Gehirn besonders aufnahmefähig. Es entwickeln sich neuronale Netze, die auch für den Spracherwerb zuständig sind. Nach dieser Periode muss für jede weitere Sprache erst ein neues neuronales Netz angelegt werden – das ist deutlich schwieriger, als das bestehende Netz zu verwenden.

    Auch in Ihrer Nähe

    Sie haben ebenfalls Interesse an einer Weiterbildung? Die Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium e. V. (DGWF) ist das Netzwerk für lebenslanges Lernen an Hochschulen. Unter www.dgwf.net finden Sie eine Auswahl an Hochschulen, die Seminare für Senioren anbieten.

    3 Tipps für besseres Lernen

    1. Einfach mal ablenken

    Kommen Sie auch manchmal im Schlaf oder unter der Dusche auf die besten Einfälle? Kein Wunder, denn unter Druck lässt es sich nicht gut nachdenken. Deshalb kann die Ablenkung hilfreich sein.

    2. Geschichten erzählen

    Gedächtniskünstler erfinden Geschichten, in denen sie die zu merkenden Informationen einbauen. Ein vereinfachtes Beispiel ist der Satz: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.“ Durch die jeweiligen Anfangsbuchstaben kann man sich die Reihenfolge der Planeten unseres Sonnensystems merken: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.

    3. Für Abwechslung sorgen

    Lernen Sie auch mal im Park oder im Café! Denn wer immer am selben Ort lernt, trainiert sein Gehirn darauf, die gesuchten Informationen nur dort abrufen zu können.

    Übungen für mehr Konzentration

    Buchstaben zählen

    Wie oft sehen Sie die Buchstaben c und x?

    jillidrdfieblasvnyhcualttinhcsidferaffsniram

    sorerskdferuaeznimreffefpobnfnogxrtsedmfo

    donagerodjjfsiamkxfdfjnvnnekruguitzpprcuz

    rjtmrerusibrükreirenigrebuawirmcrihokeiep

    uitraceinihccuzjrihejrakirpaprlehcnefperiee

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    kilisabvperierutrzeilisretepigf

    (Die Lösung finden Sie am Ende des Beitrags.)

    Richtig aufgepasst

    Schauen Sie sich die folgenden Gesichter für 20 Sekunden an. Nun schließen Sie das Fenster und malen oder beschreiben die Personen auf einem separaten Blatt. Welche Frisur hat sie? Trägt sie eine Brille? Hat sie große oder kleine Ohren? Wie sieht es mit der Nase aus? Anschließend können Sie Ihre Annahmen überprüfen.

    Übungsbild
    Tipp

    Web- und App-Tipps

    www.udemy.com

    Weltweit größte Plattform für auf Abruf verfügbare Online-Kurse; von Experten erstellte Lehrgänge; aufgeteilt in kurze Lektionen; meist kostenpflichtig; viele Kategorien zur Auswahl; auch als App erhältlich

    www.quofox.com

    Tausende Kurse aus allen Bereichen von Autoreparatur-Tutorials über Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung hin zu komplexen Wirtschaftsinhalten; ebenso vielseitige Lehrmethoden; Videokurse per Livestream, im virtuellen Klassenraum, Audioformate, Web-Based-Trainings; im Web und auch als App erhältlich

    www.lecturio.de

    Video-Vorlesungen und Vorträge; interaktive Quizfragen; viele Kategorien von Jura über Medizin bis hin zu Sprachen; meist kostenpflichtig; auch als App erhältlich

    Memrise-App

    Sprachen lernen mit der App Memrise; wer Vokabeln und Grammatik schnell lernt, erreicht das nächste Level; viele Sprachen verfügbar; kostenlos im App-Store erhältlich, Upgrades durch kostenpflichtige Abos möglich

    Bildnachweis: Unsplash: Paul Schafe,mfk,Shutterstock: Jacob Lund,Unsplash: John Tuesday,Jacob Peters Lehm,Illustrationen: Claudia Guse

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