Helles und Pils

Helles und Pils

Der Unterschied zwischen Pils und Hellem

Wer an der Bar „ein Bier, bitte“ bestellt, für den macht es auf den ersten Blick keinen großen Unterschied, welchen Bierstil der Barmann serviert. Allerdings: Stellt er dem Mann in Rosenheim dann ein kleines Pils vor die Nase oder dem Kieler eine Halbe Helles, wären beide irritiert. Was ist hier los? Ist Bier in Deutschland denn nicht gleich Bier?

Pils und Helles haben viele Gemeinsamkeiten. Ihre vielleicht größte: Beide stehen als Synonym für „Bier“, das eine im Norden und das andere im Süden der Bundesbierrepublik. Wobei der südliche Teil deutlich kleiner ausfällt – im Grunde ist eigentlich Bayern gemeint. Mehr als die Hälfte des in Deutschland getrunkenen Bieres ist Pils. Die zweite große Gemeinsamkeit von Pils und Hellem ist, dass beides Lagerbiere sind.

2 Biergläser

Der Begriff Lager

Die Idee vom Lagerbier und auch sein Name geht vermutlich auf das 14. Jahrhundert zurück. In Bayern wurde bei niedrigen Temperaturen, also im Winter, mit untergäriger Hefe Bier gebraut. Die Bezeichnung „Lager“ stammt daher, dass dieses Bier lange gelagert wurde – den ganzen Sommer über! Gemäß der Bayerischen Brauordnung von 1539 bestand in den Sommermonaten, vom 23. April bis zum 29. September (Georgi bis Michaelistag, dem Kirchenkalender nach) Brauverbot. Brauen an sich war nämlich erstens eine feuergefährliche Sache – zumal in den engen, aus viel Holz gebauten Städten des Mittelalters. Also wollte man das Risiko etwas eindämmen, in dem man Brauen in der warmen, trockenen Zeit schlicht verbot. Zweitens war es aber so auch sicherer für das Bier: In der warmen Jahreszeit stieg die Gefahr erheblich, dass das noch nicht vergorene Jungbier sich mit Mikroorganismen infizierte, die das Bier verderben ließen.

Soweit also zu den Gemeinsamkeiten von Pils und Hellem. Unterschiede? Ja, gibt es auch:

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Helles

Das Helle (auch: Münchner Hell, Bayrisch Hell, Helles Lagerbier) ist ein Vollbier, untergärig, nicht zu stark, hell. Beim Geschmack eines guten Hellen ist das Verhältnis zwischen Hopfen- und Malz sehr gut ausbalanciert – mit einem kleinen Vorteil für Team Malz: die leicht süßlichen, honigartigen Nuancen überwiegen, ein echtes Bayerisches Helles ist kaum bis gar nicht bitter und ist damit sehr süffig. Das hinzubekommen ist nicht einfach. Den Rezept nach ist das Helle eigentlich ein ziemlich simples Bier, bei seiner Produktion aber zählt jedes Detail, der Brauer muss sein Handwerk sehr gut verstehen.

Geschichte des Hellen

Das Helle ist ein relativ junger Bierstil. Grundlage für seine Entwicklung bildete die Erfindung der Kältemaschine durch Carl Linde 1873, in der Zeit der Industrialisierung. Auf dem Wiener Brauerkongress stellte er seine Idee einer Kompressionskältemaschine vor, mit der konstant gute und kalte Bedingungen für die Lagerung rein untergäriger Biere geschaffen werden konnten. Er fand in Gabriel Sedlmayer, dem Chef der Spaten Brauerei in München, sofort einen begeisterten Unterstützer. 1876 konnte Lindes Patent für seine „Ammoniak-verdichtende-Kompessionskältemaschine“ angemeldet werden und kein untergäriges Bier musste von nun an mehr unter schlechten Kühlungsbedingungen leiden.

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Pils

Pils (oder auch Pilsner, Pilsener oder Bier nach Pilsener Brauart) ist – der Name sagt es ja unmissverständlich – kein deutscher Bierstil. Er kommt als Pilsen (Plzeň), Böhmen, der heutigen Tschechei. Das macht aber insofern nichts, als dass Pilsener heute eine Sorten-, keine Herkunftsbezeichnung ist. Das heißt, jeder deutscher Brauer kann Pilsener Brauen – und es auch genau so nennen.

Pils wird – wenig überraschend – mit Pilsener Malz gebraut. Das sorgt für die sehr helle, strohgelbe Farbe dieses Bierstils und seinen schlanken Körper. Malzaromem spielen hier allenfalls die zweite Geige, Musik macht der Hopfen (allerdings auch das ganz piano, verglichen mit „Hopfenbomben“ aus dem IPA&Co.-Segment). Pilsener sind leicht und süffig. Sie passen zum Auftakt einer Bierverkostung, läuten den Feierabend entspannt uns easy ein, sind gute „Begleitbiere“. Man kann sie beim Kochen, Fernschauen, Quatschen trinken, selten erfordert ein Pils die volle Aufmerksamkeit des Trinkers, sie sind weder sonderlich komplex, noch in-your-face.

Innerhalb des Bierstils wird bisweilen unterschieden zwischen Böhmische Pils (quasi das Original, satt goldgelb und oft mit einer feinen, buttrigen Note), das Norddeutsche Pils (heller, trockener und stramm herb, also sehr gut hopfig), das Bayrische Pils (nicht so bitter wie sein nordischer Counterpart, eher hopfenaromatisch) und das American Style-Pils (extrem hopfenbetont).

Geschichte des Pils

Das Pilsener ist um die Mitte des 19. Jahrhunderts geboren, Geburtshelfer war ein Bayer: Der junge Braumeister Joseph Groll wurde in die neu gebaute böhmische Brauerei Měšťanský pivovar in Pilsen bestellt, um das in Verruf geratene böhmische Bier zu retten. Keine allzu schwere Aufgabe, fand Groll, denn einige der zu seiner Zeit besten Bierzutaten überhaupt wuchsen quasi vor der Haustür in der tschechischen Provinz Moravia: die Gerstensorten Haná und die super aromatische Hopfensorten Žatec (Saaz). Außerdem war das tschechische Wasser perfekt zum Bierbrauen, leicht sauer, wenig karbonisiert und gleichzeitig schwefelarm. Da sollte sich doch ein richtig gutes Bier zustande bringen lassen, fand der Deutsche. Ausgestattet mit viel Know-How um die den neuesten bayrischen Lagerbrautechniken und einer sauber gärenden Hefe, die er ebenfalls von „dahoam“ mitgebracht hatte, braute Groll also ein Bier. Das ließ er bei niedrigen Temperaturen in offenen Bottichen langsam gären und anschließend während der Kellerlagerung in Holzfässern reifen. Das Ergebnis, das zum Martinstag 1842 erstmals ausgeschenkt wurde, war ein Hit. Ein internationaler, ziemlich bald. Das revolutionäre goldblonde Bier bekam den Namen „Plzeňský Prazdroj“ beziehungsweise „Pilsener Urquell“ – offizielle Amtssprache im österreichisch-ungarischen Böhmen war damals nämlich deutsch. Und genauso heißt es auch heute noch.

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