Obergärig versus untergärig

Obergärig versus untergärig

Obergärig und untergärig

Was beduetet das und was ist der unterschied?

Eine der ersten und wichtigsten Lektionen in Sachen Bierwissen ist: Was bedeutet obergärig und was untergärig? Und welches Bier ist was?

Nicht alle Biere sind gleich. Aber manche sind dennoch etwas gleicher.

Wer sich einen Überblick zu den unterschiedliche Bierstilen verschaffen will – und es gibt grob gezählt mehr als einhundert auf dem weltweiten Markt – der kann Bier ganz grob in zwei Gruppen einteilen. Gut, drei, wenn man die Kategorie „Mischung aus beidem“ mit hinzuzählt.

Stahltanks Brauerei

Es gibt obergärige Biere und untergärige. Und das ist ein großer Unterschied. Und entscheidend ist hierbei die Hefe.

Die Hefe ist jener Mikroorganismus, der während der Gärung aus Zucker Alkohol macht. Damit ist sie der eigentliche Spaßbringer, sie macht aus einer trüben, freudlosen Brotsuppe fröhlich-beschwingendes Bier. Dabei ist der Begriff „die Hefe“ so vage wie „das Bier“: Es gibt viele unterschiedliche Hefestämme, die alle unterschiedliche Vorlieben haben. Die meisten in der Natur vorkommenden Hefen mögen es gern so warm wie wir, sie arbeiten bei moderaten Temperaturen am besten.

Arbeiten, das heißt Zucker in Alkohol umzuwandeln. Moderat sind 15 bis 20 Grad Celsius Umgebungstemperatur. Das sind die obergärigen Hefen. Die ideale Eselsbrücke wäre also, sich das OBERgärig mit den HOHEN Temperaturen zu merken. Der englische Begriff ist „top-fermenting yeasts“. Untergärige Hefen finden sich ebenfalls in der Natur. Sie finden niedrigere Temperaturen zwischen 4 und maximal 9 Grad spitze. Im Englischen spricht man von „bottom-fermenting yeasts“.

Zwar geht der Begriff eigentlich darauf zurück, dass obergärige Hefen „Sprossenverbände“ bilden, sich also quasi an den Händen halten und damit Auftrieb bekommen und sich an der Oberfläche des Bieres absetzen, während die untergärigen Einzelgänger sind und jeder für sich einfach ausfällt und am Boden des Gärtanks landet. Aber Hefen sind funky Wesen und halten sich nicht immer an solche Regeln. Plus: Der entscheidende Unterschied zwischen obergärig und untergärig ist die Temperatur während der Gärung.

Ob nun ein Bier ober- oder untergärig ist, liegt daran, ob hier ober- oder untergärige Hefen zum Einsatz kommen. Ein paar berühmte Beispiele:

Obergärig (Ales)Untergärig (Lager)
Pale Ale, IPAPilsener
Stout, PorterHelles, Export
Weißbier (Hefeweizen), Berliner WeisseMärzen, Bock (die meisten…)

Unterschiedliche Biere

Früher war alles obergärig

Früher, im dunklen Mittelalter und davor, wussten die Menschen nichts von der Hefe und ihrer Macht, aus einem Getreidesud Bier zu machen. Die Germanen hatten, so wird manchmal erzählt, einen „magischen Bierstab“ aus Holz, den sie manchmal in die Würze hielten, damit daraus ein möglichst wohlschmeckendes Bier wurde. Und oft hat das gewirkt. Denn: Hefen, wilde Hefen, finden sich in der Natur überall, auf Früchten, Blättern, Bäumen. Und wurde das Bierstäbchen einmal in einen mit guten Hefen versetzten Biersud gehalten, konnte er diese Kulturen gleich in den nächsten übertragen.

Die längste Zeit waren die allermeisten gebrauten Biere obergärig. In aller Regel waren mehrere Hefestämme am Werk, meistens war die Temperatur während der Gärung aber im moderaten Bereich, so dass die Obergärigen Oberwasser hatten und die Gärung quasi für sich entschieden. War es bei einem um Winter gebrauten Sud zufällig die ganze Gärzeit über 4 Grad kalt, hatte man am Ende – ob man das nun so wollte oder nicht – ein untergäriges Bier gebraut. Oft waren Biere früher aber vermutlich zu einem gewissen Grad „mischvergoren“, sprich, alle Hefestämme hatten ihr Teilchen beigetragen. Bis heute halten sich einige „Hybrid-Biere“ bei denen verrückte Sachen passieren, wo etwa hauptsächlich obergärige Hefen bei überwiegend untergärigen Bedingungen arbeiten (das Altbier ist – klassischerweise, aber nicht immer – so ein Fall, das Baltic Porter und Baltic Stout ebenso).

Um kontrolliert untergärige Biere brauen zu können, brauchte es zwei durchschlagende Erfindungen der Neuzeit: Erstens, die Kältemaschine von Carl Linde. In den 1870ern entwickelte der Ingenieur und Ur-Vater des Kühlschranks kühltechnische Verfahren und Gerätschaften für Brauereien, die es ermöglichten, einen Raum konstant auf fünf Grad zu kühlen, so dass dort untergärige Biere und ihre untergärigen Hefen in aller Ruhe und Frische vor sich hingären konnten

Zweitens, die Reinzucht-Hefe von Emil Christian Hansen. Dem dänischen Botaniker gelang es 1883 in den Laboren der Carlsberg-Brauerei in Kopenhagen erstmals, einzelne Hefestämme zu isolieren, nachdem er erkannt hatte, dass sich hinter „Hefe“ verschiedene, pilzliche Organismen unterschiedlicher Rassen bzw. Stämme verbergen. Erst seit dieser Erkenntnis und der Gewinnung sog. reinrassiger Anstellhefen konnte man einer durchs Kochen sterilen Würze einen einzigen, bewusst ausgewählten Hefestamm (statt eines ganzen Batzens Mischkulturen) zugeben. So konnten untergärige Biere gebraut werden, in denen keine obergärigen Hefen auch nur das kleinste bisschen hineinpfuschten.

Unteschiedliche Biere werden angestoßen

Ob nun ein Bier ober- oder untergärig ist, erkennt man am Bierstil. Mit etwas Erfahrung kann man es aber auch geschmacklich mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit festmachen. Brauer beschreiben untergärige Biere oft als „klarer“ in ihrem Geschmacksprofil. Das liegt daran, dass die Hefe während der Gärung neben Alkohol auch diverse „Gärnebenprodukte“ freisetzt. Genauer gesagt sind diese chemischen Verbindungen (u.a. organische Säuren, verschiedene Alkohole, Carbonyle, Ester- und Schwefelverbindungen), die zur Aromabildung entscheidend beitragen. Obergärige Hefen sind hier schlicht etwas produktiver. Und oft auch eindeutiger wiederzuerkennen: Der klassische Bananengeruch eines Bayerischen Weißbiers ist das Produkt der obergärigen Hefe, die hier am Werk war.

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