Der Moment der Wahrheit
Die Traubenernte ist der Höhepunkt des Weinjahres, aber auch der kritischste Zeitpunkt. Eine gute Planung, ein großes Team sowie Kreativität und Entscheidungsfreude helfen dem Winzer in dieser spannenden Phase. Wie genau die Lese stattfindet und warum es dabei manchmal hektisch werden kann, erfahren Sie hier.
Ein Tag mehr oder weniger kann darüber entscheiden, ob ein mäßiger, guter oder sogar ein Spitzenjahrgang entsteht. Ideale Bedingungen im Herbst sind ruhige, sonnige Tage mit kühlen Nächten. Dann kann der Winzer die Lese hinausschieben und so bessere Traubenqualität ernten. Bei viel Niederschlag im Herbst können die Trauben jedoch faulen bzw. schimmeln und müssen umgehend geerntet werden. Außerdem können durch die plötzliche Wasserzufuhr bei starkem Regen die Beeren aufblähen, sodass der wertvolle Traubensaft verwässert wird. Auf manchen Weingütern wird der Boden dann schnell mit Plastikfolie bedeckt, damit er die Feuchtigkeit nicht aufnehmen kann.Neben dem richtigen Timing kommt es darauf an, die Trauben unverletzt und möglichst rasch nach der Lese auf die Kelter zu bringen, damit sie schnell gepresst werden können. Die Winzer müssen beim Transport darauf achten, dass sie die Lesekörbe nicht zu voll beladen, damit das Lesegut nicht gequetscht wird. Sonst besteht die Gefahr der Oxidation – also einer Reaktion des Traubensaftes mit Sauerstoff. Im Rotwein wechselst die Farbe dann von Rot zu Braun, bei Weißwein von hell zu dunkelgelb. Auch die Aromen werden dabei angegriffen. An besonders warmen Tagen kann der Traubensaft außerdem beginnen, spontan zu gären. Durch eine solche „wilde Gärung“ erhält der Wein häufig einen leichten Essigstich.
Um diese Weinfehler zu vermeiden, braucht der Winzer daher viele helfende Hände, damit die Lese schnell und gleichzeitig schonend passieren kann. Das funktioniert natürlich umso besser, wenn der Weinberg und der Keller nicht weit entfernt liegen. Bei absoluten Spitzenweingütern, wie dem Château Mouton Rothschild, ist man zum Beispiel stolz darauf, dass die Trauben durch die kurzen Wege maximal zwei Stunden nach der Lese bereits im Keller angekommen sind!